Resolution des Bundesrats: Demokratie und Menschenwürde

Gesellschaft und Staat menschenwürdig mitgestalten

Am 11. Mai 2024 hat der Bundesrat des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden die Resolution „Demokratie und Menschenwürde“ verabschiedet. Der Antrag dazu war vom gleichnamigen Bundesratsforum eingebracht worden, das der Beirat „Evangelium und gesellschaftliche Verantwortung“ gestaltet hatte. Im Folgenden ist die Resolution im Wortlaut nachzulesen.

Wir feiern in diesen Tagen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, das 75 Jahre alt wird. Es gibt uns die Grundregeln für unser Zusammenleben, schreibt unsere Freiheitsrechte fest und den Schutz unserer Menschenwürde. Es ist die Grundlage unserer Demokratie. Mit Sorge nehmen wir als Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) wahr, dass diese freiheitlich-demokratische Grundordnung infrage gestellt wird und immer mehr Menschen in unserem Land rechtsextreme Einstellungen teilen. Es gibt eine wachsende Polarisierung und Gewaltbereitschaft in verschiedenen Teilen der Gesellschaft. Gräben vertiefen und verhärten sich. Antisemitismus, Rassismus, Fremden- und Muslimfeindlichkeit sind weit verbreitet, und die Tendenz ist steigend. Das verändert das politische Klima und hat Einfluss darauf, wie wir Demokratie leben. Dabei ist der Rechtsextremismus das größte Problem für unsere Demokratie. Politische Parteien wie die AfD verstärken die Polarisierung in der Gesellschaft. Besonders als Deutsche gilt es, hier aufzumerken und diesen Tendenzen frühzeitig entgegenzuwirken.

Die vielfältigen Krisen in unserer Welt führen zu großen Flucht- und Migrationsbewegungen: Kriege und Terror in der Ukraine, im Nahen Osten und auf dem afrikanischen Kontinent, Armut und Hunger im globalen Süden, die weltweite Klimakatastrophe. Auf solche Krisen und Veränderungen mit Ablehnung, Hass, Spaltung und Ausgrenzung zu reagieren, hat sich nicht nur in der Vergangenheit als katastrophal erwiesen. Aktuell kommen verstärkt Angriffe auf jüdische Einrichtungen und jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie Gewalt gegenüber politischen Repräsentantinnen und Repräsentanten hier in Deutschland dazu. Dies widerspricht unserem christlichen Glauben, der Aufforderung, unseren Nächsten in Liebe zu begegnen, und dem Bekenntnis, dass alle Menschen als „Ebenbilder Gottes“ geschaffen sind (Genesis 1,27).

Als BEFG stehen wir in einer langen demokratischen Tradition, der wir uns verpflichtet wissen. Themen wie Gerechtigkeit, Menschenrechte und Religionsfreiheit sind schon seit unserer Gründungszeit leitend. Nach der „Rechenschaft vom Glauben“[1] (RvG) sind „Gleichgültigkeit und Trägheit, Angst und Selbstbehauptung Ausdruck der Trennung von Gott“ (RvG 1.2). „Weil wir von der Versöhnung mit Gott herkommen, sind wir berufen, der Versöhnung auch zwischen den Menschen zu dienen. In diesem Geiste leisten Christen ihren Beitrag zur Verständigung [...]. Sie setzen sich ein für den Abbau jeglicher Diskriminierung von Menschen durch Menschen und wirken für den Frieden in der Welt“ (RvG 2.II.2). Deshalb fordern wir alle Gemeinden in unserem Bund und alle Mitglieder und Mitarbeitenden auf, sich in allen Arbeitsfeldern weiterhin und engagiert für die Stärkung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und für die Achtung der Würde aller Menschen einzusetzen.

Dies kann in Gottesdiensten und Predigten, in Gruppenstunden und anderen Aktivitäten geschehen. Vor allem aber geschieht es in der persönlichen Haltung, die wir in Gesprächen in unserem Umfeld, in unserem öffentlichen Engagement vor Ort, im interreligiösen und interkulturellen Dialog und in unseren Social-Media-Aktivitäten an den Tag legen. Und es geschieht durch unsere Teilnahme an Wahlen. Im Blick auf die 2024 anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament und zu den Landtagen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen und für zukünftige Wahlen halten wir fest:  Rechtsextreme Parteien können für Christinnen und Christen kein Ort politischer Betätigung sein und sind nicht wählbar.


Weitere Meldung zum Bundesrat 2024

[1] Die „Rechenschaft vom Glauben“ ist das Bekenntnis der deutschsprachigen Baptisten und des ganzen Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, siehe www.rechenschaft-vom-glauben.de.